Roncalli spendet die 10.000ste Freikarte für die KulturTafel
// Konzert- oder Theaterbesuche kann sich nicht jeder leisten. Die Kulturtafel macht es dennoch möglich. Jetzt hat der Circus Roncalli gleich 100 Stück gespendet. Darunter war auch die 10.000 für die Tafel in den gut zwei Jahren nach ihrer Gründung
Seit gut zwei Jahren vermittelt die Kulturtafel Karten für Theater, Konzerte oder andere Veranstaltungen an Menschen, die das sonst nicht bezahlen können. Jetzt wurde die 10?000. zur Verfügung gestellt, vom Circus Roncalli, der in Lübeck gastiert und gleich 100 Tickets gespendet hat. „Wunderbar“, sagte Roncalli-Chef Bernhard Paul, der die Tafel bisher nicht kannte. „So kann man’s machen, eine gute Idee. Das sollte um sich greifen. Wir werden sie durchs Land tragen.“
Marianne Raue ist eine, die von den Karten profitiert. Sie ist Rentnerin, bekommt aber Grundsicherung. „Das ist für mich Urlaub vom Alltag“, sagt sie. „Man kann alles mal nach hinten schieben, was einen bedrückt. Auch wenn man weiß, dass es wiederkommt.“ Sie ist häufig mit der Tafel unterwegs und geht zu fast allem bis auf Volksmusik, aber sie gibt der Tafel auch etwas zurück: Kekse, ein Pfund Kaffee zu Weihnachten und jedes Jahr 20 Euro.
„Man hat diesen Stolz zurück“
Nadine S. hat im Mai Muffins im Tafel-Büro in der Wahmstraße vorbeigebracht. Es war ihr Geburtstag, und statt selbst beschenkt zu werden, wollte sie Menschen eine Freude machen, die ihr etwas bedeuten. Sie bezieht Hartz IV und ist dankbar für die kostenlosen Tickets. So wie in diesem Januar, als das Elbphilharmonie Orchester in der MuK spielte. „Man zieht sich schick an, man ist Teil des Ganzen und nicht außen vor“, sagt sie. „Man hat diesen Stolz zurück.“ Nächste Woche nimmt sie ihre Mutter mit zu Roncalli und freut sich schon „wie ein kleines Kind“.
In einer Mail an die Kulturtafel hat sie das mal so ausgedrückt: „Ich bin Ihnen so dankbar, dass Sie mir diese Karten haben zukommen lassen! Es war wohl das Schönste, was ich je gehört habe. Als kleiner und popeliger Hartz-IV-Empfänger so etwas erleben zu dürfen, gibt meinem Leben und meiner Seele Raum zur Freude und lässt mich vergessen, wo sonst die Probleme liegen. Es gibt mir für ein paar Stunden das Gefühl, jemand zu sein, jemand, der gesehen und bemerkt wird. Ihr Angebot versetzt mich jedes Mal in eine Welt zurück, zu der ich mal gehört habe.“
„Wir haben nur gelacht“
Margitta Degner ist alleinerziehende Mutter, arbeitet als Schulsozialarbeiterin, verdient aber nicht sehr viel. Sie war durch die Tafel mit ihrem kleinen Sohn oder mit einer Freundin schon im Hansemuseum, beim Krimitheater auf der Freilichtbühne, beim Klezmerkonzert. „Das geht sonst gar nicht, das ist einfach nicht drin“, sagt sie. Beim Improvisationstheater im Combinale waren sie auch, und es war wunderbar: „Wir haben zwei Stunden nur gelacht.“
„Ich bin total erstaunt“, sagt Kristine Goddemeyer mit Blick auf die 10.000 Karten, die in den gut zwei Jahren gespendet wurden. „Manchmal sind es nur zwei, manchmal wie jetzt bei Roncalli 100 – wir sind dankbar für jede einzelne.“ Und sie sind eine der wenigen Einrichtungen, die sich auch über Abmeldungen freuen. Zum Beispiel über diese: „Durch die Kulturtafel habe ich mich wieder als Teil der Gesellschaft“, heißt es in der Mail eines früheren Kulturgastes. „Endlich!!! Das wollte ich dann auch in jeder Hinsicht wieder und habe es jetzt endlich geschafft, einen Job zu finden. Ich danke Ihnen sehr für alles! Sie sind mein persönlicher Antrieb gewesen.“ (Peter Intelmann)