Lübecksche Blätter – 19.05.2018

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„Kultur für alle – egal wie es im Portemonnaie aussieht“

Ein Jahr Kulturtafel Lübeck

// „Der Abend hat mir so viel gegeben. Ich habe richtig wieder am Leben teilgenommen, davon zehre ich immer noch.“ Oder: „Es war das allererste Mal überhaupt, dass ich bei einer kulturellen Abendveranstaltung war, dank Ihrer Unterstützung!!!“ Oder: „Es war für die Kinder und mich ein wundervolles, bewegendes Erlebnis! Der Zirkus hat uns entführt und in den Bann gezogen… es gab viele ‚Gänsehaut-Momente‘ … Ein ganz besonderer Tag, der uns noch lange in Erinnerung bleibt und uns durch den Alltag trägt! Vielen, vielen Dank!!!“ Oder: „Es bereichert wirklich, wenn man an Kulturellem teilnehmen kann und das nicht allein tun muss.“Zuschriften wie diese finden sich auf der Homepage der Kulturtafel Lübeck. Die feiert in diesem Mai ihr einjähriges Bestehen. Mehr als 3.800 Eintrittskarten für Konzerte, Schauspiele, Opernaufführungen, Zirkusvorstellungen hat das ehrenamtliche Team um Geschäftsführerin Kristine Goddemeyer bisher vermittelt. Ein beachtliches Ergebnis.

Wer arm ist, braucht vor allem Hilfe bei der Sicherung der Grundbedürfnisse. Dass zu denen auch die Teilhabe an kulturellen Angeboten gehört, schlägt sich in den Grundsicherungen allerdings nur schwach nieder. Entsprechend werden selbst 13 Euro für ein Theaterticket, der Besuch des Europäischen Hansemuseums oder ein Kinobesuch zum – vielfach unlösbaren – Problem. „Das geht anders“, dachte sich Kristine Goddemeyer und kam mit dem Motto „Kultur für alle – egal wie es im Portemonnaie aussieht“ nach Lübeck. Etwas Ähnliches war der ehemaligen Geschäftsführerin des Hamburger Mahnmals St. Nikolai schon an der Alster mit dem Verein „KulturLeben“ begegnet. Und eine Kulturtafel gab schließlich auch schon in Neumünster. Dass ein solches Angebot im kulturreichen Lübeck erst recht möglich sein müsse, war für Kristine Goddemeyer keine Frage. Also machte sie sich auf die Suche nach Partnern: Stiftungen und Unternehmen, die die Arbeit der Kulturtafel überhaupt möglich machen (finanzielle Unterstützung von Stadt oder Land gibt es nicht), Sozialpartner, die helfen, diejenigen anzusprechen, die sie „KulturGäste“ nennt, und Kulturpartner, die der Kulturtafel nicht verkaufte Tickets zur Verfügung stellen. Ein bunter Strauß hat sich da zusammengefunden, große Kulturinstitutionen stehen neben kleineren, städtische neben privaten, Hochkultur neben Alltags-, Volks und Popkultur. Und ganz nebenbei gehen auch die Kulturpartner in diesem Projekt als Gewinner heraus, denn kein Künstler spielt gerne vor leeren Plätzen.

Bunt, sagt Kristine Goddemeyer, ist auch die Palette der KulturGäste. 1.300 sind bislang bei der Lübecker Kulturtafel registriert. „Diese hohe Zahl hat mich doch erstaunt“, sagt sie und schickt gleich hinterher, dass es ein Zuviel an Gästen nicht geben könne. „Gesellschaftliche Teilhabe halte ich für unverzichtbar für den sozialen Zusammenhalt unserer Stadt“, sagt sie.

Das Interesse für die kulturellen Angebote der Stadt geht durch alle Schichten. Rentner, die auf Grundsicherung angewiesen sind, melden sich bei der Kulturtafel, Hartz-IV-Empfänger, Flüchtlinge, Alleinerziehende.

Das Registrierungsverfahren ist denkbar einfach. Wer nachweist, dass sein Einkommen 980 Euro in einem Ein-Personen Haushalt bzw. 1.300 Euro für einen Zwei-Personen-Haushalt (plus 300 Euro für jedes im gemeinsamen Haushalt lebende Kind) nicht übersteigt, meldet sich an (www.kulturtafel-luebeck.de), nennt seine Interessen, ist für ein Jahr KulturGast der Kulturtafel und kann alle sechs bis acht Wochen mit einem Ticket für sich und nach Möglichkeit auch für eine Begleitung rechnen. „In Lübeck halten sich Angebot und Nachfrage gut die Waage“, sagt Kristine Goddemeyer und fügt auch hier hinzu: „Wir freuen uns über jeden neuen Gast und Partner.“ (Karin Lubowski)

https://luebeckische-blaetter.info